Mittwoch, 28. August 2013

Luftholen

Das schwindende Tageslicht, das sich in den Bartstoppeln eines Mannes verfängt. Zwei Mädchen, die miteinander tuscheln und kichern. Eine Horde Jungs, die alle blaue T-Shirts und fast dieselben Hosen tragen. Ein kleines Mädchen im Bus, das mit dem jungen Mann ihr gegenüber schäkert. Ein Pianist, der beim Spielen lächelt und lacht, wenn er einen Fehler macht. Ein Pärchen in der Bahn, die Hände ineinander verflochten. Der brennende Himmel hinter einem Ahornbaum. Ein Schauspieler, der seine Lachfalten mit Freude trägt. Musik, die den Musiker erst schön erscheinen lässt. Ein Baby, das sich ständig über seine Tante kaputtlacht. Eine Gruppe Menschen, die spontan gemeinsam Musik macht, während ein Kleinkind wie gebannt zuhört. Eltern, die sich umarmen & küssen. Die Welt, die am Fenster vorbeirast und nicht merkt, was ihr entgeht.
              "Ich könnte hier ewig stehen und mit dir aufs Meer raussehen..."
Vor ein paar Tagen wurde ich gefragt, was ich unter dem Begriff "Leben" verstehen würde. Der erste Gedanke? Leben ist das, was die meisten Menschen nicht machen. Leider ist es tatsächlich so. Man könnte das Leben auch mit einem großen Meer vergleichen, in dem man schwimmt. Irgendwo ist dein eigener kleiner Golfstrom mit dem wärmeren Wasser, der dich trägt und leitet, aber es kann auch sein, dass du davon abkommst, zum Beispiel, weil ein Unwetter gewütet hat. Und dann treibst du im Leben herum und versucht seinen Warmwasserstrom wiederzufinden, während Strudel und Haie versuchen, dich zu fressen oder hinunterzuziehen. Doch während du mit schwimmen beschäftigt bist und versuchst, nicht unterzugehen, entgehen dir die Momente des Luftholens, wenn du nach oben durch die Wasseroberfläche brichst. Das sind Momente, in denen alles für ein paar Sekunden stehen bleibt, du schwebst eine kleine Weile, halb im Wasser, halb in der Luft, bevor du wieder zurückfällst und dich erneut auf die Suche nach deiner persönlichen, kleinen Meeresströmung machst. Viele Menschen versuchen gar nicht auszubrechen, haben keine Ahnung, dass es diese wunderbaren Momente gibt, die man nur sehen kann, wenn man erst untertaucht. Dabei ist Luftholen doch so unglaublich wichtig in dieser schnellen Zeit, in der wir leben.

♥ Regenschirmtier

6 Kommentare:

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    1. Danke, immer gerne doch! (:
      Wobei ich ja eigentlich nur sage, was ich denke. Nämlich, dass alle immer nur hin- und herhasten und rasen, alles muss schnell gehen und besser als gestern sein, dabei ist es auch mal wichtig, irgendwo zu sitzen und Menschen zu beobachten.
      :*

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  2. du machst, dass meine Augen tropfen :-)
    hab dich lieb !

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  3. Baby (: SEHR schön geschrieben. Ich würde mir wünschen, dass das hier viiiel mehr Menschen lesen. Vor allem die, die eben NICHT richtig leben und das Leben genießen mit all den kleinen Wundern, die wir Verrückten jeden Tag erleben dürfen :] Man muss eben versuchen so viele Leute anzustecken, wie nur möglich! Das ist unsere Aufgabe ;) Ich finde du hast voll den wunderherrlichen Teil dazu beigetragen mit diesem Eintrag! Ein fettes LIEBE dafür ♥ Deine Giraffi :*

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    1. Oh ja! Das sollte funktionieren wie bei den Supernatural-Vampiren. Ich nehm mir einen, lass ihn mein Blut trinken und er ist einer von uns. :D Okay, zu gruselig. x]
      Von daher... was anderes als es rauszuschreien, aufzuschreiben und den Leuten vor die Augen und in die zu Ohren stopfen kann ich nicht tun. (:

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