Montag, 14. Oktober 2013

Fantastisches Leben

Montagmorgen. Es ist 7 Uhr. Mein dritter Wecker klingelt. Wie bei den anderen beiden, haue ich nur träge darauf herum, damit er bloß schnell wieder mit dem hässlichen Getute aufhört. Zumindest nehme ich das an, denn daran, dass bereits zwei andere Wecker geklingelt haben, kann ich mich nicht erinnern. Puh, endlich ist das Ding aus! Mein Kopf, den ich mit größter Anstrengung um nur wenige Millimeter gehoben hatte, um das zweite Auge zum Sehen benutzen zu können, plumpst wieder ins Kissen zurück. Es ist einfach zu kuschelig warm unter meiner bauschigen Bettdecke und... ja, schon bin ich wieder weg. Zurückgezogen vom unendlich starken Sog des Schlafes, hinein in eine Welt, in der ich gerade im Begriff bin, aufzuwachen. In dieser Welt zerbreche ich mir den Kopf darüber, welcher Tag heute ist und ob ich jetzt wirklich aufstehen muss oder nicht doch noch ein paar Minuten dem hektischen Leben vor meinem Bett entgehen kann. Mir fällt einfach nicht ein, welches Datum wir haben und ob ich heute schon um 8 oder doch erst halb 10 in der Schule sein muss. Nachdem ich beinahe panisch eine gefühlte halbe Stunde darüber nachgedacht habe, begreife ich endlich, dass ich erstens träume und zweitens gar nicht mehr in die Schule gehe, sondern um 8 auf Arbeit sein muss. Oh nein! Mit diesem riesigen, rot pulsierenden Gedanken vor meinem geistigen Auge reiße ich mich hoch, raus aus dem Traum, hinein in den kalten Morgen, nur um festzustellen, dass gerade einmal zehn Minuten vergangen sind und ich nun in Ruhe aufstehen kann. Während ich mich anziehe, kreisen meine noch teilweise verschreckten und verwirrt umherirrenden Gedanken um all die Sachen, die ich mir merken wollte. Heute muss ich in die Bibliothek und Einkaufen, ich muss früher ins Bett gehen und versuchen auf Arbeit Mehrstunden zu bekommen, ich muss meinen Dauerohrwürmern* nachgeben und mich warm genug anziehen. Da fällt mir das Buch wieder ein, das ich zur Zeit lese und ein Lächeln schleicht sich in mein Gesicht. So beginnt ein Tag wie jeder andere, könnte man meinen. Würde ich heute nicht mit eben diesem Lächeln im Gesicht ins Büro spazieren und denken: "Fantastisch, dass wir gleichzeitig leben!"
 ♥ Regenschirmtier

*Elvis Costello - "She" und Tonbandgerät - "Hirngespenster"

Dienstag, 1. Oktober 2013

Meine Menschis

Manchmal frage ich mich, was mit der Welt passiert ist, dass sie so ist, wie sie ist. Was hat Gott den Menschen gegeben, dass sie nur nach Geld und Macht und Luxus gieren? Warum können wir uns nicht einfach alle akzeptieren, so wie wir sind, mit all den Macken und Fehlern, die wir haben? Denn viel wichtiger sind doch unsere Stärken, die Dinge, die uns von anderen Leuten unterscheiden, die uns einzigartig machen! Viel wichtiger als immer und überall das Größte zu haben & der/die Schönste zu sein, sind doch die kleinen Dinge. Ja, ich höre nicht auf, darauf herumzureiten. Ich meine, schaut euch meine Freunde an, meine wunderbaren, herzbetonten, liebreizenden Freunde.
Sie kennen sich nicht, aber dennoch schickt die Eine der Anderen eine kleine Karte als Dankeschön für das Weiterschicken eines Buches. Was bei mir ankommt? Unbändige Freude über diese kleine Aufmerksamkeit. Und letztes Jahr, da habe ich ein Paar meiner Lieblingsmenschis aus dem ganzen Land eingeladen, die sich teilweise noch nie gesehen, geschweige denn gesprochen oder gelesen hatten. Dennoch mochten sie sich von Beginn an, haben sich umarmt und wir haben miteinander einen überaus vergnüglichen Abend verbracht. Danach bekam ich von allen Ecken gesagt, wie toll der- oder diejenige doch gewesen sei. Und heute wieder: Ein Menschi möchte dem anderen um den Hals fallen, weil sie sich seit kurzem herzige Nachrichten schreiben. Ohne sich je gesehen zu haben. Ist das nicht wunderbar? Könnten nicht alle Menschen so sein? Nein, das stimmt, es wäre vermutlich a) langweilig und b) viel zu viel verlangt. Nicht zu vergessen, dass wir im Leben das ein oder andere A-loch, dem wir begegnen, brauchen, um uns auch mal aufzuregen. Doch am Ende zählen die kleinen Dinge, Qualität siegt über Quantität und wer den Spieß herumdrehen und in jeder blöden Situation etwas Gutes finden kann, ist für mich auf jeden Fall der Gewinner. Wir sollten uns die Zeit nehmen, das Kind in uns auszuleben und uns ehrlich über das zu Freuen, was wir haben & erhalten - sollte es auch nur ein selbst gemaltes Bild oder ein Lächeln sein. Ich jedenfalls genieße heute Abend mein beinahe unfassbares Glück solch fantastische Freunde zu haben. Danke, dass es euch gibt & dass ihr seid, wie ihr seid.

♥ Regenschirmtier