Montag, 23. Juli 2012

Siwozeit

Während ich im Zug nach Hause sitze, kommen keine Tränen. Vielleicht, weil es einfach keine Tränen mehr gibt. Vielleicht aber auch, weil ich doch ein wenig Siwo mitbekommen durfte. Wie ein Stück vom Kuchen. Und es geht mir durch den Kopf, dass es sich eigentlich nicht so anfühlt, als würde nur ich nach Hause fahren, nach diesem Kurzzeitsiwobesuch. Nein, es fühlt sich eher so an, als wäre Samstag und wir alle würden nach Hause fahren, jeder in seine Richtung, jeder mit dieser traurigen Leere in sich.
Aber da sind nicht nur Leere und Traurigkeit. Da ist auch noch dieses Licht, wie eine kleine Sonne, die im Brustkorb sitzt, warm vor sich hin strahlt und ihre Wärme und ihre helle Freude verteilt. Das Siwogefühl-Licht. Das Siwogefühl, das, wie mir aufgefallen ist, aus anderer Leute Münder irgendwie immer schrecklich kitschig klingt, aber trotzdem einfach so IST. Das Gemeinschaftsgefühl, diese Zusammengehörigkeit, diese große unglaubliche Menge an positiven Emotionen, und das, obwohl wir uns nicht mal alle untereinander kennen. Alles, was man dazu braucht, ist das Wasserschloss in Heldrungen, wundervolles Wetter und eine Horde verrückt-liebevoller Menschen. A pro pos Wetter: Pünktlich zur Siwo wird es natürlich mal wieder überaus sonnig, warm und wolkenlos. Perfekt.


"Wir sind andere Menschen, wenn wir zu Hause sind.
Für die wenigen Farben auf beiden Augen blind.
Lass uns so schnell wie möglich wieder langsam werden
so wie hier, der Himmel auf Erden."

Und während ich immer noch viel zu schnell gen Heimat düse, höre ich die Wise Guys, weil es mir richtig vorkommt und weil die Lieder teilweise grad einfach passen. Dabei fällt mir auf, dass "Tief im Süden", in dem es eigentlich um Länder wie Italien und Spanien geht, wie die Faust aufs Auge auf die Siwo zutrifft. Nicht nur obiges Zitat, beschreibt sie genau.
Eine andere Welt, eine andere Zeit.
Die Sonne gibt den Takt an, der Himmel ist weit.
Die Kunst zu leben, ohne zu ermüden.
Eine andere Welt, ein anderes Land.
Total entschleunigt, völlig entspannt.
Keine Show, kein Getue, keine Plattitüden.

Eine andere Welt, ziemlich genau. So ist es. Eine andere Welt mit einer anderen, riesengroßen Familie, die auf einem herrlichen Schloss wohnt. Die pure Lebensfreude.

Erst, als ich meinen kleinen Neffen in den Arm nehmen und küssen kann, kommen die Tränen. Auch nicht viele, aber sie sind da. Weil das neben der Siwo die pure Liebe ist. Mit Babies und mit Siwoleuten kann man einfach SEIN. Ich denke, das ist das Wichtige, das ist das Wundervolle daran. Wenn das keine Erklärung für den Siwozauber ist, dann weiß ich auch nicht weiter.

♥ Regenschirmtier

ps: Wer nicht weiß, was die Siwo ist, schaut einfach hier oder fragt mich.
pps: Hey, 70. Blogeintrag! Verrückt!

Mittwoch, 18. Juli 2012

Ich liebe das!

Mir ist heute aufgefallen, wie oft ich diese Worte gebrauche. Es gibt so viele Dinge und Situationen, zu oder über die ich das sage. Auch dann, wenn andere Menschen nur sagen würden "Ich mag das." Und trotzdem - hehe, welch Ironie - heißt meine Liste da Links "Anna mag..."! Vielleicht sollte ich das mal in "Anna liebt..." umändern?
Manchmal denke ich, ich höre mich ein bisschen an wie Dumbledore. Dumbledore, der Harry immer und immer wieder erklärte, dass ihn nur eins gerettet hat und dieses eine ihn auch wieder retten wird. Die Liebe.
Voldemort sagte dazu "Dumbledores Lieblingsrezept", wenn ich mich recht erinnere. Aber ja. "Love is the strongest power there is" sagt JKR. Und ich liebe das! Ich unterschreibe das!
"Wer liebt, lebt anders" - nein, nicht JKR und auch keiner ihrer Charaktere. Elisabeth von Thüringen.
Für mich sind sie beide Heldinnen.
Aber ich wollte eigentlich nicht wieder über die Liebe schwafeln. Das kennt ihr ja alles schon. :P Ich wollte euch von einer ganz hervorragenden "Ich liebe das! - Situation" erzählen.

Gestern war ich nämlich auf dem Hauptbahnhof unterwegs. Und während ich so, vollbepackt mit meinen Einkäufen, tralala durch den Bahnhof laufe und kurz stehen bleibe, um mir die Blumen von Rewe anzuschauen, steht plötzlich die Verkäuferin neben mir und sagt: "Gutes Buch, was?"
Ich erstmal voll perplex: "Wie bitte? Ach, das Buch! Jah, ziemlich toll!"
Sie: "Ich hab das auch gelesen. Aber von dem Autoren noch nichts weiter gefunden. Jetzt gerade lese ich-..."
Leider musste sie dann den Kunden ihr Geld abzapfen.
Ich aber bin mit einem Grinsen aus dem Rewe raus und nach Hause gefahren.
Leute, die einen einfach so ansprechen.
Ja, ich liebe das.
 
♥ Regenschirmtier

ps: Das Buch ist wirklich gut. Hart, aber gut.


Freitag, 13. Juli 2012

Schmuddelwetter

Jetzt sitze ich also zuhause und soll meinen Prüfungsbericht schreiben. Während aber meine Stimmung immer mehr der des Wetters gleicht, gehe ich lieber los und kaufe mir eine Flasche Cola und Schokolade, um meine Motivation zu steigern. Haha, von wegen, das macht mich gleich noch ein bisschen ärgerlich: Wo zur Hölle ist meine geliebte Vanilla Coke hin? Warum ist sie in keinem Laden auffindbar? Aaaah!
Auch die Schokolade hilft nicht, bisher. Und der Regen trommelt weiter bedächtig auf den Boden und alles, was er sonst noch so erreichen kann. Aber mal ehrlich: Würde ich meinen Prüfungsbericht lieber schreiben, während draußen hellster Sonnenschein und 25°C wären? ...hm, ja. Tatsächlich glaube ich, dass es mir dann leichter fallen würde. Ich glaube, ich würde mich nicht mal ärgern deswegen, von wegen "es ist so schönes Wetter und ich kann nicht rausgehen". Meine Stimmung und demzufolge auch Motivation wären wesentlich besser als jetzt mit diesem grauen Nieselregenwetter. Wobei meine Motivation eigentlich größtenteils daraus bestehen sollte, dass ich Zeitdruck habe. :D

Ich habe aber viel mehr Lust, mein Buch weiterzulesen. Nachdem ich mit "Ein ungezähmtes Leben" schon seit gestern fertig bin, habe ich "Der Junge, der Träume schenkte" dort begonnen weiterzulesen, wo ich damals aufgehört hatte hineinzulesen. Was für ein Satz! xD Ja, ich habe überhaupt keine Lust diesen blöden Bericht zu schreiben, obwohl ich genau weiß, dass ich sollte, weil ... und weil ... und sowieso und überhaupt. Ich würde mich viel lieber in mein warmes Bett schmeißen, neben mir eine schöne dampfende Tasse Kakao und dieses Buch weiterlesen. Wegen des Schmuddelwetters. Hrmpf.
Und dann mache ich mir Gedanken über Geschichten. In den Lesepausen, wenn ich von einer Bahn zur anderen laufe und nicht lesen kann, da es regnet und sonst das Buch nass werden würde.
Ich denke, dass jedes Buch, egal welcher Art, einfach nur eine Geschichte ist. Ob diese nun erfunden oder wirklich erlebt ist, macht überhaupt keinen Unterschied. Es ist mir auch egal, ob darin Zauberer und fliegende Besen oder Autos und Computer vorkommen. Geschichten sind doch das wundervollste auf der Welt. Und manche Menschen sind einfach auserwählt, Geschichten zu erzählen. Das kann die wundervolle JKR sein, aber auch die Oma von nebenan. Hauptsache ist, dass die Geschichten überhaupt erzählt werden.

Vor allem, haha, wie doof ich bin! Ich habe Schokolade gekauft, wie ich schon erwähnt habe und, da ich vorhin den Geschmack gerade im Mund hatte, auch Chips. Und eigentlich hab ich gerade auf nichts davon Appetit. Wenn ich die Schokolade sehe, breitet sich bei mir ein Gefühl von Völle aus, die Chips anzusehen verursacht fast schon einen Brechreiz. Hallo?! Was ist das denn bitte? Ein in den Körper integriertes Abnehmprogramm? Noch vor einigen Monaten konnte ich mehrere Tafeln Schokolade allein hintereinander verdrücken und jetzt wird mir schlecht von zwei Stückchen? Ohje, was passiert mit mir? Herrlich! :D

♥ Regenschirmtier

Mittwoch, 11. Juli 2012

Sommererinnerungen

"Es ist so wunderbartoll gerade. Ich spüre den Sommer. Schon seit einer Woche haben wir eine sehr warme Wetterlage hier. Jetzt am Abend ist es immer noch warm, eben hat es ein beeindruckendes Gewitter gegeben, mit warmem Regen dazu. Herrlich!
Ich liebe das. Das alles. Wenn es nach frischem Gras riecht. Nach warmen Regen. Wenn die Blumen blühen und duften. In den Parks sind viele Löwenzähner und Gänseblümchen. Ich kann barfuß oder mit Sandalen rumlaufen, im T-Shirt. Und fühle mich so frei."                                                                                      Theo R.
Dies ist ein Auszug aus einer e-mail, die ich schon im Mai erhalten habe. Damals schon wollte ich davon schreiben, davon wie unglaublich toll Gerüche, Lieder und Situationen doch sind. Dass sie sich so sehr bei uns einbrennen können. Dass, wenn mir jetzt ein Geruch unter die Nase kommt, ich ihn vielleicht nicht mal identifizieren kann, aber trotzdem unweigerlich eine Erinnerung in mir hochsteigt. Und das geht ganz weit, ganz tief. Letztens lief ich so tralala zur Bahn und hatte plötzlich einen Geruch in der Nase (wo auch sonst...?! :D), dem ich keine Pflanze, kein Essen, kein Sonstwas zuordnen konnte. Aber ich hatte sofort Bilder im Kopf, leider wie verwackelt und unscharf, einfach nicht richtig klar, sodass ich nicht ganz herausbekommen konnte, woran genau mich der Geruch erinnerte und was es gewesen war. Ich war mir nur vollkommen sicher, dass es etwas aus meiner jüngsten Kindheit gewesen sein muss.
Auch bei Musik klappt das so. Nicht bei jeder Musik, weil man manches irgendwie immer wieder hört. Aber ich bin ja so ein Mensch, der bezüglich Musik oft so Phasen hat, die übrigens von 3 Tagen bis zu mehreren Monaten gehen können. Gerade hab ich mal wieder ein paar Cimorellicover angehört, u.a. "Best love song". Und puff - ich hatte Erinnerungen an mein 2. Praktikum im letzten Spätsommer, die Fahrradfahrten zur und von der Arbeit nach Hause. Und da waren auch Gefühle, die ich in der Zeit hatte, Gefühle, die ich jetzt nicht mehr habe, weil ich mich verändert habe. Und dann denkt man: Krass! Noch vor einem dreiviertel Jahr war ich ein ganz anderer Mensch. Die gleiche Anna, aber doch so anders. Irgendwie. Aber ehe man sichs versieht, ist der Moment vorbei, das Lied zuende, die Erinnerungen wieder dort, wo sie hingehören.
Was Theo da oben beschrieb ist ein schönes Beispiel für Gerüche und Situationen, die einem Erinnerungen wiederbringen. Er hat es einfach so schön geschrieben, das konnte ich euch nicht vorenthalten. Und ich sage: Ja! Auch ich liebe das! Nicht nur, wenn es Sommer wird, sondern auch die Erinnerungen an vergangene Sommer, die wieder hochsteigen ins Bewusstsein. (:
Jetzt ist es Sommer, zwar ein sehr wechselhafter aprilmäßiger Sommer, aber es ist Sommer. Sommer bringt für mich immer den Gedanken an Ferien und Siwo mit sich. Es ist hart für mich zu wissen, dass ich dieses Jahr nicht dabei sein werde. Keine frühmorgendlichen Losungsstunden, kein Sonnenblumenklauen, kein Singen, kein Gemeinschaftsgefühl, keine Übermüdung, kein Heldrungen, kein Wasserschloss, kein Musical, keine wundervollen Leute um mich herum.
Diesmal wird mein Sommer ganz anders sein. Es wird ein Praktikums- und Prüfungssommer. Versteht mich nicht falsch, ich liebe mein Praktikum, meine lieben Alten und ich bin froh, dass ich dort auch Praktikum im Sommer machen kann. Aber was ist ein Sommer ohne Siwo?

Sonntag, 8. Juli 2012

Die Leere nach dem Buch


Wenn man ein Buch zuschlägt, weil man es ausgelesen hat, das ist irgendwie immer, als ob man einen guten Freund verabschieden würde. Bei den meisten Büchern bin ich traurig, dass sie zu Ende sind, nur bei wenigen denke ich "Oh, Gott sei Dank ist es endlich aus!" Das sind vielleicht 2%. Bei den restlichen 98% spüre ich nach dem Weglegen des Buches ein gewisses Gefühl der Leere. Die Geschichte ist vorbei, der Drops ist gelutscht, es geht nicht mehr weiter. Das mochte ich so an Harry Potter... dass es irgendwie immer weiterging und man wusste das. Am Ende blieb uns aber auch hier nur die Fantasie, die weitere Gegebenheiten und Szenen erfand und für die Charaktere baute. Wobei ich sagen muss, dass ich mich damit nicht wirklich auseinandergesetzt habe. Wenn ein Buch zuende war, weil der Autor es für fertig befunden hatte, dann war es so richtig und perfekt. Daran gab es für mich nie etwas zu rütteln.
Aber die Leere... tja...
Die Leere war es auch, die mich gerade beschlich, als ich aufs Dach kletterte. Letzte Woche noch war ich hier mit meiner Lieblingsmöhre gewesen, wir hatten uns aufs Dach gelegt, den Himmel beobachtet, waren einfach. Nun war ich wieder hier, der Ort so schön wie eh und je, aber es ist etwas anderes allein zu kommen. Zu zweit fühle ich mich nicht nur sicherer, es macht auch viel mehr Spaß dort oben zu sitzen. Darum war ich jetzt auch nur sehr kurz da. Habe mir den Sonnenuntergang angeschaut und bin dann wieder runtergeklettert. Schön wars trotzdem. Irgendwie.

♥ Regenschirmtier

ps: Das ist das erste Mal, dass ich zwei Mal an einem Tag gebloggt habe. Wuhuu! :D

Song for Guy


Gerade stand ich mit Mama in der Küche und schnippelte Zeug für den Tomatensalat, da kam mir plötzlich dieses Lied ins Ohr. Seit gefühlt einer Millionen Jahren hab ich das nicht mehr gehört. Aber es ist immer noch genauso schön und traurig und einfach wunderbar wie immer. Was es durchaus gibt, nämlich dass sich die Beziehung zu Musik oder bestimmten Musikstücken verändern kann, das ist hier nicht passiert.
Und dann dachte ich, wie schön es doch wäre, einfach mal all den Sorgen entfliehen zu können, die man so den ganzen Tag hat. Oder was heißt Sorgen... Im Grunde einfach nur den Tausenden von Gedanken. Schließlich jagt ein Gedanke den nächsten und man kommt irgendwie gar nicht so richtig dazu, mal zu entspannen. Vor allem, weil sich die Gedanken, sobald man sich mal hinlegt und die Augen schließt oder einfach mal kurz stehen bleibt, unhaltbar zu vermehren scheinen. Manchmal kommt man gar nicht so richtig hinterher. Ehe man den einen Gedanken richtig begriffen hat, ist er schon entwischt, die Sache halb vergessen und man muss sich beeilen sich schnell aufzuschreiben, was der Gedanke war. Oft sind die Gedanken, die schnell entwischen, ja die wichtigsten.
Während ich weiter Tomaten schnitt, schweiften meine Gedanken zu dem Buch, das ich gerade beendet hatte. "The lucky one" von Nicholas Sparks. Aber im Grunde ist es völlig egal, welches Buch es ist. Gleich danach dachte ich an Harry Potter. Bücher sind einfach wunderbar. Sie enthalten diese Zwischenwelten, die sich je nachdem so sehr oder so fast überhaupt nicht von unserer eigenen realen Welt unterscheiden. Wenn ich ein Buch öffne, stelle ich es mir manchmal so vor, wie in der Szene in "Harry Potter und die Kammer des Schreckens", wo Tom Riddle Harry mit in seine Erinnerung nimmt. Da kommt dieses helle gelb-goldene Licht aus der Mitte des Buches und Harry reißt die Augen und den Mund auf. Und dann, schwupps, ist er weg. In die Erinnerungen eingetaucht. So ist es bei mir mit einem Buch. Ich kann wirklich überall lesen. Letztens wurde mir, als ich zwischen lauter Leuten, die sich unterhielten, las, gesagt: "Wahnsinn, dass du dich hier so konzentrieren kannst." Aber was heißt Konzentration? Ich bin einfach... gefangen. Und Bücher sind der beste Ort, um seinen eigenen Sorgen und Gedanken (egal übrigens ob negative oder positive Gedanken) mal für eine Weile zu entkommen. Zwar belädt man sich dann nur mit den Sorgen und Gedanken anderer Personen und fühlt mit ihnen, egal, was sie durchmachen, aber das ist egal, solang es nicht die eigenen sind.
Klar, das ist eine vielbeschriebene Sache, das haben schon viele Leute gesagt. Aber manches muss man sich eben von der Seele schreiben.
Danke, Bücher, dass es euch gibt! Danke an all die Buchautoren, die uns Bücherwürmern einen Ort zum entspannen bieten.
♥ Regenschirmtier

ps: "Song for Guy" hat Elton John - wie ich vorhin gerade las - an einem Abend im August geschrieben. Es ist im Grunde ein Lied über den Tod. Es ist einem bestimmten Menschen gewidmet, der Guy hieß. Aber da Guy auch "Kerl" bedeutet, widme ich es dem kleinen neuen Mann, der seit Freitag auf dieser Erde weilt: Willkommen! ♥

Montag, 2. Juli 2012

Das Tal

Ja, ich nehme an, gestern bin ich in großen, polternden Sprüngen einen Berg heruntergerollert, ähnlich einer Milchkanne, in welcher die Milch zu Butter werden soll. Dass mein Blut dabei so fest wird wie Butter, konnte ich allerdings nicht feststellen - im Gegenteil. Es scheint noch flüssiger geworden, noch viel schneller durch mein Herz und den gesamten Blutkreislauf geflossen zu sein. Manchmal reicht schon eine kleine Sache, ein kleiner Stupser, ein Wedeln mit dem Kuhschwanz, damit die Milchkanne losrollt. Ob ich schon ganz unten angekommen bin, vermag ich nicht genau zu sagen. Ich glaube aber nicht. Ob ich noch dort ankomme, ist auch fraglich. Schließlich stehen an so einem Berg eine Menge Bäume und Hangkühe, die einen stoppen können. Da bleibt man am Stamm, in den Beinen oder den unteren Zweigen hängen. Wäre das nicht prima? Gar nicht den Grund zu erreichen, den tiefsten Punkt des Tales? Nicht all die schlechten, traurigen und deprimierenden Gedanken hervorzukramen, sondern nur die Oberfläche des Ganzen anzukratzen. Sind die Gefühle nicht schon tief genug? Wenn man gleichzeitig froh & entspannt und traurig & fast schon verhärmt sein kann, hat man dann etwas falsch gemacht? So ein schöner Abend war gestern, ich wünschte, jemand hätte heimlich auf dem Dach gegenüber gestanden und Fotos gemacht, die meine Möhre und ich (da muss ich kurz lachen: Wie herrlich das klingt!!!) auf dem Dach lagen und einfach wir waren. Und gleichzeitig, tief innen drin, war diese Traurigkeit, diese Wut, aber die Tränen blieben aus, es war keine Zeit zum Weinen. Einfach nicht der richtige Augenblick. Möhrchen, sei mir nicht böse, dass ich gestern nichts davon gesagt habe, ich denke, du hast es trotzdem gemerkt, aber es war einfach... zu talig. Und Sebastian Lind singt für uns. Woods heißt das Lied, welches bei mir im Moment als Dauerschleife läuft. Gleichzeitig so wunderschön und abgrundtief traurig. Lasst mich noch ein wenig hier verweilen, wie ich - die Milchkanne - von dieser Tanne aufgefangen hier am Berghang liege und melancholische Milch aus mir herausläuft. Wenn ihr mögt, werdet die Tanne und haltet mich fest. Gebt mir, wenn möglich, Vorschläge auf die Frage: Wie kommt man wieder herauf, so als Milchkanne?

Und fühlt euch geliebt. Abgrundtief und ehrlich.
♥ Regenschirmtier